Augenblicke 3/2024 ist da

Im Portrait lernen sie den blinden CAB-Kursteilnehmer Daniel Hofmann kennen. Nicht nur ihn lernen Sie kennen, sondern auch drei neue Mitglieder des Zentralvorstands der CAB. Der Kolumnist macht sich Gedanken über das Wort «blind» und seine Verwendung in der Alltagssprache. Ferner gibt es einen Beitrag über den französischsprachigen Kurs «Remise en forme et bonne humeur» und seine Leiterin Nicole Jaggi.

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Gemeinsam unterwegs: Assisi-Reise

Gemeinsam unterwegs in den Gassen von Assisi

Dom von Spoleto - Kathedrale Santa Maria Assunta
Dom von Spoleto – Kathedrale Santa Maria Assunta

Die Schweizerische Caritasaktion der Blinden (CAB) und die Franziskanische Gemeinschaft (FG) waren zum zweiten Mal gemeinsam in Assisi auf den Spuren der Heiligen Franziskus und Klara unterwegs. Eine muntere Schar von 13 Menschen aus CAB- und FG-Kreisen machte sich Mitte Mai in Richtung Süden auf. Begleitpersonen und Menschen mit Sehbeeinträchtigung trafen sich – teilweise zum ersten Mal – am Bahnhof bzw. in unserem Reisebus. Schnell wandelte sich die anfängliche Zurückhaltung in gegenseitige Offenheit, und bald schon tönte das erste herzhafte Lachen durch den Bus. In Assisi eingetroffen, wurden wir im Hotel La Rocca herzlich willkommen geheissen, und das erste italienische 3-Gänge-Menu liess uns schnell in «bella Italia» ankommen.

Basilika San Francesco
Basilika San Francesco

Am Tag darauf machten wir uns auf, das umbrische Städtchen mit seiner Geschichte zu erkunden. Der Rundgang startete auf der Rocca Maggiore und folgte den römischen Spuren abwärts, bis auf die Piazza und weiter hinunter zur Kirche San Pietro. Assisi liegt am Hang – unsere Wege würden uns immer wieder entweder rauf oder runter führen…

Wandrelief in San Damiano
Wandrelief in San Damiano

 

In den folgenden Tagen verbanden wir die Biografien von Klara und Franz mit sprechenden Orten aus ihren Lebenswelten: Die Kathedrale San Rufino, das Geburtshaus von Franziskus, San Masseo, San Damiano und auch die Grabeskirchen San Francesco und Santa Chiara fehlten nicht. Dazwischen gab es Zeit für das persönliche Verweilen und Innehalten oder auch für Besonderheiten wie die künstlerische Ausstellung in der Chiesa Santa Maria delle Rose, die sich gut mit den Händen sehen lässt!

Rast in einem Olivenhain
Rast in einem Olivenhain auf dem Weg zwischen San Masseo und San Damiano.
Dort soll Franziskus Aussätzigen aus dem nahen Leprosenheim begegnet sein. Dieses Zusammentreffen veränderte sein Leben nachhaltig.

Ein Highlight war unser Ausflug nach Spoleto und auf den Monteluco. Wir besuchten das Viadukt und den Dom und die in ihrer Schlichtheit berührende Basilika Sant’ Eufemia. Nach einem besonderen Mittagsmahl in der Osteria del Matto mit umbrischen Spezialitäten fuhren wir hinauf auf den Hausberg und verweilten im Heiligen Wald rund um die Einsiedelei, die Franziskus so lieb war.

 

 

 

 

 

 

Ein weiters Highlight war ein frühmorgendlicher Gang durch das noch schlafende Assisi zum San Francesco. Die Kirche war (fast) menschenleer und wir genossen die Stille beim Grab von Franziskus und die anschliessende Laudes in der Unterkirche mit den Franziskanern.

Franziskus Skulptur bei Rivotorto
Franziskus Skulptur bei Rivotorto

Der letzte Tag führte uns in Assisis Ebene hinab, nach Rivotorto, wo die ersten Brüder öfters verweilten, auf den dortigen Soldatenfriedhof, der auf ganz eigene Weise ins Heute spricht und in die Portiuncula-Kirche, ebenfalls ein Ort, der an die Anfänge erinnert, die bis heute begeistern.

Wir liessen in diesen erfüllten und erfüllenden Tagen das Leben von Klara und Franz von vor 800 Jahren ins Heute sprechen und schlugen Brücken in unsere eigenen Lebens- und Glaubensgeschichten. Wir erfuhren Assisi zusammen auf unsere je eigene Art und Weise, wir lernten voneinander, lachten, genossen Gelati und feine Pasta und redeten über Gott und die Welt. Wir waren einander in diesen Tagen Gefährtinnen und Gefährten ganz im Geist von Franz und Klara geworden.

San Damiano
San Damiano

 

Text: Monika Hug / Nadia Rudolf von Rohr
Fotos: Monika Hug

Und noch dieser Hinweis zum Schluss:

Die Assisi-Reise in Zusammenarbeit zwischen FG und CAB ist für 2026 bereits in Planung. Datum: 10.-16. Mai 2026

Augenblicke 2/2024 ist erschienen

Im Porträt lernen Sie Natalina Vitale kennen. In ihrer Kindheit war noch die Meinung verbreitet, dass blinde Menschen dumm seien. Von Geburt an stark sehbeeinträchtigt wuchs die heute 64-Jährige praktisch ohne Schulbildung auf. 1974 kam sie in die Schweiz und seit 23 Jahren zählt sie zu den treusten Teilnehmenden der CAB-Kurse. Hier hat sie ihre Talente entdeckt und die so wichtige Förderung erfahren. Lesen Sie das bewegende Porträt einer Frau, die sich trotz aller Widrigkeiten nicht entmutigen lässt.

Ebenfalls eindrücklich sind die Schilderungen des stark sehbeeinträchtigten Joël Favre, Jurist beim SBV. Er hat am CAB-Autofahrkurs teilgenommen und erklärt, weshalb diese spezielle Erfahrung für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen so wertvoll ist. Informationen zur SBB-Inclusive-App, Zahlen aus dem Jahresbericht der CAB und eine weitere Episode aus der Feder unseres Kolumnisten Roland Gruber runden die Ausgabe ab.

Hier können Sie Augenblicke 2/2024 herunterladen (PDF).

Ältere Ausgaben sowie das Archiv der CAB-Jahresberichte finden Sie auf unserer Seite Publikationen.

Augenblicke 1/2024 ist erschienen

Im Portrait lernen Sie Kurt Halbheer und Andrea Burri kennen. Sie verstehen sich im wahrsten Sinne des Wortes blind. Das sympathische Paar berichtet unter anderem über Herausforderungen beim Unterwegs-Sein und erzählt von der Wichtigkeit der CAB-Kurse und auch der Öffentlichkeits- und Sensibilisierungsarbeit. In der Kolumne geht es um vermeintliches Baby, das dann doch keines war, und in der «Hilfsmittel-Rubrik» erfahren Sie, warum Low-Vision-Beratungen Sehbehinderten helfen, das vorhandene Sehvermögen optimal zu nutzen. Und der Showdown-Sport wird ebenfalls vorgestellt.

Laden Sie Augenblicke 1/2024 direkt herunter: Download PDF

Frühere Augenblicke-Ausgaben finden Sie im Augenblicke-Archiv auf unserer Seite Publikationen.

Tausende von Stunden – tausend Dank dafür!

CAB-Kulturknaller 2019: Stadtführung in Konstanz

Heute ist Welttag der Freiwilligen. An diesem Tag werden Menschen, die Freiwilligenarbeit leisten, weltweit für ihr Engagement geehrt.

Auch die CAB hat allen Grund, seinem Team von ungefähr 150 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für tausende geleisteter Stunden tausend Dank zu sagen! Genau genommen sprechen wir für das Jahr 2023 von 130 Mitarbeitenden, 15’237 Freiwilligen-Stunden, die von 1. Januar bis heute geleistet wurden. Dies an 1’693 Tagen.

Andrea Vetsch, Kursverantwortliche der CAB:

«Unsere mehr als fünfzig CAB-Kurse könnten ohne diese Freiwilligen-Einsätze kaum stattfinden. Aus diesem Grund haben wir von der CAB in den letzten Jahren der Aus- und Weiterbildung von freiwilligen Mitarbeitenden mehr Aufmerksamkeit geschenkt und diesen Bereich professionalisiert. Unser Ziel ist es, die Qualität der Freiwilligenarbeit hochzuhalten und zu fördern. Wir sind all den Menschen, die sich innerhalb der CAB mit viel Engagement und Herzblut ehrenamtlich engagieren, sehr dankbar».

Und Roland Gruber, bei der CAB u.a. zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, ergänzt:

«Ich bin im Rahmen von Kursbesuchen aber auch im Rahmen des Kurses, den ich leiten darf, immer wieder berührt davon, mit welchem Elan und mit welcher Liebe für diese Begleit-Aufgabe unsere freiwilligen Mitarbeitenden unsere Kursteilnehmenden unterstützen, und dies stets getreu dem Motto: Hilfe wo nötig, Selbstbestimmung wo immer möglich».

Und: Freiwilligenarbeit geschieht in unserer Gesellschaft sehr oft im Verborgenen. Dies ist auch bei der CAB nicht anders: In den oben genannten Zahlen ist freiwillige Unterstützung, die spontan abseits der CAB-Kurse geleistet wird und von der wir bei der CAB oftmals gar nichts wissen, noch nicht mit eingerechnet. So kennen wir unzählige Fälle, wo sich Kursteilnehmende und freiwillige Mitarbeitende z.B. an einem Wandertag oder in einer Wanderwoche kennenlernen und sich später individuell zu Wanderungen verabreden.

Auch deshalb ist es wichtig, am heutigen Welttag der Freiwilligen, aber auch sonst, an die Wichtigkeit der Freiwilligenarbeit zu erinnern.

Wir von der CAB sagen: DANKE!

Link: Freiwilligenarbeit bei der CAB

Beitragsbild: Im Rahmen des CAB-Kulturknallers 2019 erkunden blinde und sehbehinderte Kursteilnehmende zusammen mit ihren ehrenamtlichen Begleiterinnen und Begleitern die Innenstadt von Konstanz. Foto: Roland Gruber

CAB-Kurs Persönlichkeitsentwicklung und Auftrittskompetenz

Der Kurs Auftrittskompetenz (vom 21. bis 24. Februar 2024) geht weit über ein Bewerbungstraining hinaus.

Was kann ich? Was will ich? Wer bin ich? – in den gemeinsamen Tagen geht es darum, anhand erprobter Methoden Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen seiner eigenen Fähigkeiten zu stärken. «Wir werden eine gute Balance zwischen Theorie, Praxis und Erleben finden», sagt Gabi Waber, die Kursleiterin.

Was alles im Kurs Platz hat erfahren Sie im kurzen Interview mit der zertifizierten Business- und Privatcoachin Gabi Waber:

CAB: Gabi, wie ist die Idee für dieses Training entstanden?

Gabi Waber: Im Leben entscheiden oft Kleinigkeiten, ob zum Beispiel ein potentieller Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin sich für oder gegen einen Bewerber oder eine Bewerberin entscheidet. Häufig ist der Grund nicht die fachliche Kompetenz, sondern das Auftreten der Person. Arbeitgeber suchen jemanden, der ein Problem für sie lösen kann. Wer sich entsprechend präsentieren kann, wer sehr genau weiss, welche Stärken er mitbringt und auch weiss, welche Schwächen er hat und diese selbstbewusst vertreten kann, ist eindeutig im Vorteil. Man muss sich im Vorfeld mit den eigenen Stärken und Schwächen beschäftigen und sich klar machen, welche Qualitäten man hat.

Für Blinde und Sehbehinderte kommt ein Aspekt dazu: Sie müssen wissen, welche Aufgaben und Situationen sie mit welchen Hilfsmitteln meistern können. Wenn zum Beispiel ein Arbeitgeber grundsätzlich interessiert ist an einem Bewerber, er aber Hürden sieht, bei denen er nicht weiss, wie er sie lösen kann, muss ein Blinder und Sehbehinderter die Lösung schon parat haben, damit das potentielle Problem gar nicht erst auftritt. Und so geht es mit Situationen im Alltag genauso. Wenn man vorher Lösungen überlegt hat für verschiedene Situationen, bleibt man handlungsfähig.

Mit diesem Seminar möchte ich meine Kompetenzen aus der Arbeit als Coach und Trainerin und meiner Arbeit mit Blinden und Sehbehinderten verbinden. Ich bin fest davon überzeugt, dass es immer einen Weg gibt, man nur die richtige Lösung finden und präsentieren muss.

CAB: Was dürfen die Teilnehmenden erwarten?

Gabi Waber: Hier ein paar Schlagwörter der Themen mit denen wir uns beschäftigen werden: Selbstpräsentation, Soft Skills und Hard Skills, Bewerbungsgespräch, Austausch und Netzwerken. Wir werden durch bewährte Übungen und gegenseitige Reflexion erleben, wie sich eine starke, selbstbewusste Körperhaltung anfühlt, wie man gut auf die interessanten Fragen in Gesprächen antworten kann und wie man einen verbindlichen Eindruck hinterlässt. Wichtig ist mir auch in den gemeinsamen Tagen die Frage zu klären, wie der ideale Arbeitsplatz und Arbeitgeber aussieht. Normalerweise beschäftigt man sich viel damit, ob man als Bewerber zum Unternehmen passt, aber weniger damit, ob der Arbeitgeber zu einem selbst passt.

CAB: Für wen ist der Kurs geeignet?

Gabi Waber: Der Fokus des Kurses liegt auf dem Thema Aufftrittskompetenz, entdecken der eigenen Fähigkeiten, um das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu fördern. Jeder, der ein bisschen mehr Mut, Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit brauchen kann, kann (oder sollte) teilnehmen.

Foto: Gabi Waber
Gabi Waber, CAB-Kursleiterin und zertifizierte Business- und Privatcoachin

«Seitdem ich Menschen bei beruflichen Themen unterstütze, habe ich noch keinen Teilnehmenden erlebt, der wirklich Freude am Erstellen der Bewerbungsunterlagen hatte. Nicht das Zusammenstellen der beruflichen Stationen und der jeweiligen Aufgaben, die man erledigt hat, ist das Mühselige daran – sondern das Benennen der eigenen Stärken und Fähigkeiten. Die meisten Teilnehmenden erlebe ich als zu bescheiden. Wenn wir uns im Verlauf des Trainings anhand von gemeisterten Situationen anschauen, welche Fähigkeiten sich entwickelt haben und wie man diese als Alleinstellungsmerkmal und Mehrwert für einen potentiellen Arbeitgeber darstellt, fängt es an, Freude zu machen. Und die Erfolgsquote einen Job zu finden, der wirklich zu einem passt, ist erstaunlich hoch!»
Gabi Waber, zertifizierte Business- und Privatcoachin

Hier geht es zur Kursausschreibung mit Online-Anmelde-Möglichkeit. Sie werden sich in diesem Kurs auch wohl fühlen, wenn Sie nicht stellensuchend sind und ganz generell davon profitieren, Ihre Auftrittskompetenz zu verbessern.

⇒Direkt online zum Kurs anmelden

⇒Und hier gehts zur offiziellen Website der zertifizierte Business- und Privatcoachin Gabi Waber.

⇒Und hier zum Kursleiterinnen-Portrait auf der CAB-Website.

 

Beitragsbild / Symbolbild: Foto von Amy Hirschi auf Unsplash

Die CAB trauert um ihren Vizepräsidenten Franz Fux

Nach einer langen Krankheitszeit mit Auf und Ab ist letzte Nacht Franz Fux im Alter von 71 Jahren verstorben.

Franz Fux hat sich in den letzten Jahrzehnten in der CAB stark und tatkräftig engagiert, mit viel Herzblut. Er war Präsident der Oberwalliser Sektion St. Theodul. Und seit seiner Wahl am 16. Mai 2009 gehörte er auch dem Zentralvorstand der CAB an und unterstützte die CAB-Präsidentin Ruth Häuptli als „ihr“ Vizepräsident, wie sie sich oftmals ausdrückte.

Rudolf Rosenkranz, Geschäftsleiter der CAB, schreibt in einer Mitteilung an Mitarbeitende und Zentralvorstandsmitglieder:

Wir werden Franz und seinen Optimismus nicht vergessen und ihn in ehrendem Andenken bewahren.

Foto: Franz Fux am Telefonieren
Immer in Aktion und Kommunikation: Franz Fux am Telefon

Wir von der CAB sprechen der Familie von Franz, besonders seiner Lebenspartnerin und ihren beiden Söhnen, unser Beileid aus und wünschen allen viel Kraft für die kommenden Tage. Wir sind sehr dankbar für alles, was Franz für die CAB und für das Blindenwesen getan und bewirkt hat.

 

 

 

Beitragsbild / Symbolbild, Foto von Yves Moret auf Unsplash:
Die Kapelle Maria zum Schnee, Wahrzeichen der Bettmeralp, in Franz Fux' Heimatkanton Wallis.

Canne Blanche 2023

Sieger der Canne Blanche 2023, ist biped, ein Projekt, das auf künstlicher Intelligenz basiert, ein «intelligenter Co-Pilot für sehbehinderte Fussgänger». CEO und Gründer des Lausanner Startups ist Mael Fabien.

Auf dem zweiten Platz rangiert die Firma EAO aus Olten mit dem Produkt der Touchless-Türöffnertaste, die in Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs zum Einsatz kommen und die autonome Mobilität Sehbehinderter und Blinder im ÖV erhöhen wird.

Den dritten Platz erreichte die von der Universität St. Gallen zusammen mit dem Unternehmen afca AG entwickelte Augmented-Reality-Software head2screen, die Menschen mit starken visuellen Beeinträchtigungen bei der Arbeit am Computer unterstützt.

An einer feierlichen Preisverleihung, welche im Stadttheater Olten stattfand, wurden die drei Preisträger und auch die anderen 18 eingereichten Projekte, gewürdigt.

Die Canne Blanche ist sozusagen der «Oskar des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenwesens». Die CAB war durch ihren Mitarbeiter Roland Gruber in der Fach-Jury vertreten.

Weitere Informationen und Medienmitteilung des SZBLIND

Website Canne Blanche mit Beschreibungen aller 21 eingereichten Projekte

Gerald Knoll „Es wäre wünschenswert, wenn unsere Gesellschaft zu mehr Gelassenheit, Menschlichkeit und Ruhe finden würde.“

Gerald Knoll ist seit knapp vier Jahren der Leiter des Bildungs- und Begegnungszentrum (BBZ) Zürich. Der Noch-57-Jährige wohnt in Zürich im lebendigen und multikulturellen Stadtteil Wiedikon. Seine Hobbys sind Sport und Bewegung in der Natur – allem voran Mountainbiken, Badminton und Wandern. Er ist ein visueller Mensch, hat schon früh mit Fotografieren begonnen. Nach einer Zusatzausbildung erstellt er in seiner Freizeit Kurzfilme und Kurzdokumentationen. Nach der Arbeit geniesst er mit Freundinnen und Freunden das reichhaltige Angebot Zürichs und anderer Städte – insbesondere Konzerte verschiedenster Musikstilrichtungen.


NÄHER ran: Gerald, wie sieht Dein beruflicher Werdegang aus, respektive wie kam es, dass Du Leiter des BBZ Zürich geworden bist?

Gerald Knoll am Gardasee, im Hintergrund felsige Berge
Bildbeschreibung: Gerald Knoll, Mitte 50, Dreitagebart am Gardasee mit den markanten, felsigen Bergen, welche ihn jedes Jahr für seine Mountainbike-Ferien anlocken.

Gerald Knoll: Das fing 1995 in Herisau an. Dort habe ich mit psychisch beeinträchtigten Menschen den Schritt in die soziale Arbeit gemacht. Als gelernter Energieelektroniker konnte ich nach meiner Ausbildung in Deutschland zum „Arbeitsagogen“ die Faszination an der Technik mit der Sinnstiftung, welche ich mit der Arbeit mit Menschen erfahre, in Kombination bringen. Nach einigen Jahren wechselte ich dann in die Jugendarbeit, zunächst ins eher ländlich geprägte Wattwil, danach in die quirlige Stadt Zürich. Dort war ich als Stellenleiter beim Aufbau des Jugendkulturlokals „Planet 5“ massgeblich beteiligt. Ein etwa 7-jähriges Intermezzo im Studentischen Zentrum der ETH Zürich brachte mir ergänzende Erfahrungen in der Eventbranche. Dann kam der Moment, an dem ich zurück in den angestammten Beruf wechseln wollte – man wird ja nicht jünger… So begann ich im Oktober 2019 als Stellenleiter des BBZ Zürich diese abwechslungsreiche Arbeit mit den tollen und faszinierenden Menschen.

NÄHER ran: An wen richtet sich denn dieses Angebot des Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes in erster Linie?

Gerald Knoll: Wir sprechen alle blinden und sehbehinderten Menschen an, die in der Schweiz leben. Das BBZ Zürich ist im Grossraum Zürich / Aarau / Schaffhausen / Glarus so ziemlich das einzige Angebot dieser Art. Für IV-Empfänger:innen trägt der jeweilige Heimatkanton die finanziellen Kosten. Wichtig sind jedoch grundlegende Deutschkenntnisse, denn bei uns steht neben der Beschäftigung der soziale Austausch im Mittelpunkt. Wir sind quasi ein Treffpunkt für Betroffene – manche nennen das BBZ sogar ihre „zweite Familie“.

NÄHER ran: Was sind Eure Angebote im BBZ Zürich? Und welches sind die beliebtesten Angebote?

Gerald Knoll: Puh… Auch hier könnte ich eine lange Liste aufzählen. Ich mache es kurz: Bei uns handwerkeln viele Teilnehmende mit Wolle, Stoff, Filz, Holz, Speckstein, Farben, Ton. Sehr beliebt ist auch die Arbeit mit Kerzenwachs und Seifenwachs, bzw. mit Peddigrohr und Rattan. Die Besucher:innen können eigene Projekte umsetzen oder aber an der Herstellung unserer Markt-Produkte mitwirken. Ein Besucher:innen-Magnet ist zudem, dass bei uns täglich gekocht und gemeinsam gegessen wird. Das erspart dem einen oder der anderen doch so manchen Kochaufwand zu Hause – womöglich ganz alleine.

NÄHER ran: Gibt es im BBZ Zürich überhaupt noch Platz für neue Interessierte?

Gerald Knoll: Wir bieten für circa vierzig Personen die Möglichkeit bei uns ihre Freizeit zu verbringen. Aktuell haben wir dafür noch freie Kapazitäten. Es ist ganz einfach: Wer Interesse hat, kann einfach telefonischen Kontakt mit uns aufnehmen – alles weitere besprechen wir dann persönlich. Die Telefonnummer findet Ihr ganz unten an dieser Seite beziehungsweise gleich hier: 044 740 27 40

NÄHER ran: Können die BBZ’s des SBV auch von Menschen mit mehrfachen Behinderungen besucht werden?

Gerald Knoll mit Vanille-Eis
Bildbeschreibung: Gerald Knoll, Mitte 50, schwarze Lederjacke, ein breites Grinsen im Gesicht. Der Grund dafür ist das feine Vanille-Glace in seiner Hand.

Gerald Knoll: Absolut, das ist für uns selbstverständlich. Natürlich können auch Menschen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen zu uns kommen. Wir sind unkompliziert und suchen für jede Person die besten Möglichkeiten. Dabei gehen wir auf jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer individuell ein und beziehen unsere Besuchenden stets in ihre persönliche Entwicklung ein – es ist ja schliesslich deren Leben. Dort wo nötig, geben wir den Menschen Unterstützung – wir regen aber auch zur Entwicklung an.

NÄHER ran: Kannst Du etwas sagen über die Finanzierung?

Gerald Knoll: Die meisten unserer Klient:innen bekommen den Aufenthalt durch den Kanton Zürich bzw. durch ihren Wohnkanton bezahlt. Die Beiträge der öffentlichen Hand decken jedoch nicht die vollen Kosten des BBZ. Daher sind wir auf Spendengelder und Einnahmen aus dem Fundraising angewiesen. Ausserdem bringt der Verkauf der bei uns hergestellten Waren einen weiteren Zustupf in unsere Kasse.

NÄHER ran: Vor ein paar Wochen, am 15. Juni, hattet Ihr den Tag der offenen Tür. Was konnten die Besucherinnen und Besucher dort erleben?

Gerald Knoll: Ja, der Tag war herrlich. Die Gäste konnten nicht nur zuschauen, wie geschickt unsere blinden und sehbehinderten Angebotsnutzer:innen ihre Tätigkeiten verrichten. Sie zeigten, wie sie mit der Stäbchenwebtechnik Sitzkissen und Teppiche herstellen. Andere führten das Schreiben mit der Braille-Maschine vor. Ein Klient aus Syrien präsentierte seine kunstvoll hergestellten Steinfiguren aus Speckstein. Höhepunkt war nebst diesen handwerklichen Eindrücken, die Aufführung eines Theaterprojekts. Eine russische Nutzer:in leitet ein Theaterprojekt, in dem die Mitwirkenden aktiv eingebunden sind. Auch die Tanz-Vorführung unserer Tanzgruppe gab einen guten Einblick in die Vielfalt und Lebendigkeit dieses Ortes.

NÄHER ran: Du begegnest in Deiner Tätigkeit vielen Menschen, die blind oder sehbehindert sind? Wo siehst Du im Moment die grössten Herausforderungen für Blinde und Sehbehinderte?

Gerald Knoll auf Motorrad.
Bildbeschreibung: Gerald Knoll, Mitte 50, weisse Motorrad-Lederjacke, sitzt auf seiner Maschine. Motorradfahren zählt er seit Anfang diesen Jahres neu zu seinen Hobbys.

Gerald Knoll: Obwohl viele Ansätze im Bereich der Integration umgesetzt werden, sei es durch technische Hilfsmittel (Stichwort: „Smartphone“) oder durch Auflagen im Baubereich, so sehe ich doch noch Mängel an einer echten Inklusion. Einige Betroffene klagen beispielsweise über Rücksichts-, zumindest aber Gedankenlosigkeit. Vor unserem Haus parken teilweise überlange Autos hemmungslos mit ihren „Hinterteilen“ bis weit über die Leitlinie hinaus. Mein elektronisches Fotoalbum hierfür füllt sich zusehends. Nicht nur, dass ein solches Verhalten für Betroffene gefährlich werden kann (Stichwort: Ausweichen auf die Strasse) – wenn man/frau sich täglich solchen Situationen ausgesetzt sieht, ist es nur verständlich, sich ausgegrenzt zu fühlen. Nach meinem persönlichen Empfinden sind Hektik und Leistungsdruck massgebliche Faktoren für nicht umsichtiges Verhalten, der Mensch will nicht per se schlechtes tun. Von daher wäre es wünschenswert, wenn unsere Gesellschaft zu mehr Gelassenheit, Menschlichkeit und Ruhe finden würde. Ich weiss, das ist eine grosse Hoffnung – aber die stirbt ja bekanntlich zuletzt…

NÄHER ran: Was wünschst Du Dir für die Zukunft des BBZ Zürich und auch für die anderen Standorte?

Gerald Knoll: Wir haben im BBZ Zürich ein wirklich tolles Zusammenleben: Es geht lebendig zu und her, es wird viel gelacht, junge und alte Leute kommen gut miteinander aus und die Arbeit macht Spass. Ich wünsche mir, dass wir weiterhin aktiv an dieser Stimmung arbeiten, denn diese kommt nicht von allein daher. Damit das möglich ist, braucht es eine ausreichende Finanzierung. Ohne diese kann das Angebot nicht dauerhaft aufrechterhalten werden. Deshalb – das ist mein dritter Wunsch für unser und die anderen BBZ – hoffe ich auf zahlreiche Interessierte beziehungsweise Neuanmeldungen.

NÄHER ran: Vielen Dank, Gerald, für das Interview und viel Erfolg Dir und Euch im BBZ Zürich.

Gerald Knoll: Ja, und ich danke Dir, Roland. Übrigens: Schön, dass der Kontakt mit Euch von der CAB so kollegial und unterstützend läuft. Das macht die Arbeit im Sozialwesen zusätzlich farbiger.

Interview: Roland Gruber
Bildbeschreibungen: Gerald Knoll


Bildungs- & Begegnungszentren BBZ – ein Angebot unserer Partnerorganisation Schweizerischer Blinden- und Sehbehindertenverband SBV:

Wie es ihr Name schon verspricht, bieten die BBZ einerseits die Möglichkeit, neue handwerkliche Techniken und Fertigkeiten zu lernen, andererseits sind sie auch beliebte Treffpunkte, um sich auszutauschen. Jedes BBZ bietet sein eigenes Programm. Sensibilisiertes Fachpersonal begleitet und unterstützt Sie bei Ihren Tätigkeiten. Quelle und weitere Infos: www.sbv-fsa.ch/bbz

BBZ’s gibt es in: Bern, Lausanne, Luzern, St. Gallen und in Zürich

Kontakt zum BBZ Zürich:

Bildungs- & Begegnungszentrum SBV
Moosmattstrasse 30
8953 Dietikon

044 740 27 40

E-Mail ans BBZ Zürich

Web: http://www.sbv-fsa.ch/bbz/zuerich

Öffnungszeiten:

Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag
jeweils von 9:00 Uhr bis 17:00 Uhr

Betriebsferien Sommer: 31.07.23 – 06.08.23 (Öffnung am 07.08.23)
Betriebsferien Winter: 23.12.23 – 03.01.24 (Öffnung am 04.01.24)


Beitragsbild (ganz oben):
Kreativität im BBZ Zürich: Äste werden von sehbeeinträchtigten Menschen in Scheiben geschnitten und fein geschliffen. Die so entstandenen Kräuterschildchen werden zum Schutz vor Witterung mit natürlichem Leinöl eingerieben. Foto: Gerald Knoll

Prix de la Canne blanche

Auch 2023 wird von unserer Partner- respektive Dachorganisation SZBLIND der «Prix de la Canne blanche» vergeben. Die Preisverleihung wird am 19. September in Olten stattfinden. Eine Fachjury, in der auch die CAB vertreten war, hat aus den 21 eingereichten Projekten drei für die öffentliche Abstimmung nominiert.

Diese Publikums-Abstimmung läuft ab sofort und noch bis 9. Juli 2023, und zwar via Website des Medienpartners «20 minuten».

Link zur Abstimmungsteilnahme und weitere Infos zu den einzelnen Projekten auf «20 minuten»

Link zur barrierefreien Teilnahme via SZBLIND