Internationale Begegnung für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen
Das DKBW und die CAB hatten für die Zeit vom 07. bis 19. Juli 2014 zu einer internationalen Begegnung für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen eingeladen. Rund 50 Teilnehmer/innen reisten in froher Erwartung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ins Internationale Blindenzentrum nach Landschlacht. Eva-Maria Müller vom DKBW und ihre Helferinnen und Helfer hatten ein umfangreiches, interessantes Programm vorbereitet.
Zuerst aber durften wir nach der für viele Teilnehmer langen und teils problematischen Anreise „ankommen“. Dazu versammelten wir uns in der schönen Hauskapelle, um innezuhalten und bei Gott das schwere Gepäck unseres Lebens abzustellen. Wir beteten für alle, die daheim bleiben mussten, und jene, die nicht mehr unter uns sind. Wir öffneten uns für das, was diese Tage der Begegnung uns bringen sollten.
Frühaufsteher konnten sich immer schon vor dem Frühstück im Schwimmbad vergnügen. Wenn nichts anderes vorgesehen war, trafen wir uns morgens um 09:30 Uhr im Vortragssaal zum Morgenlob und Tageseinstieg. Auf dem Tisch stand eine Kerze, die immer von einem anderen Teilnehmer angezündet wurde. Wir hörten bzw. spürten durch die Vibration den wunderbaren, beruhigenden Klang von Klangschalen. Für Punktschriftleser bestand das Angebot, das gesprochene Wort am Streifenschreiber mitzulesen, das aber leider nur von einem Teilnehmer wahrgenommen wurde.
Der erste Vormittag war ausgefüllt mit einer Kennenlernrunde und anschließendem Begrüßungstrunk seitens des Hauses. Wer wetterfest war, begab sich am Nachmittag auf eine kleine Wanderung. Regenkleidung war leider auch während der gesamten ersten Woche erforderlich. Der Sommer hatte eine Auszeit genommen.
Ziel unseres ersten Tagesausfluges war die Stadt Lindau. In zwei Gruppen (eine für die Gehörlosen mit Dolmetscherin und eine für die Hörenden und Lormer mit Dolmetscherin) erlebten wir eine sehr interessante Stadtführung. Lindau liegt im Dreiländereck Deutschland/Österreich/Schweiz. Es handelt sich um eine Inselstadt mit 25.000 Einwohnern. Im Sommer kommen sehr viele Touristen nach Lindau. Bis zur Abfahrt des Schiffes um 16:00 Uhr nach Bregenz war Zeit zur freien Verfügung. In Bregenz erwartete uns schon unser Bus zur Heimfahrt nach Landschlacht.
Unsere Fußballfreunde freuten sich immer auf spannende Fußballabende, denn die Weltmeisterschaft in Brasilien war ja noch nicht zu Ende.
Über das Konzil vor 600 Jahren in Konstanz hörten wir einen Vortrag von Hans, bevor uns Ilse zu einer Gymnastikstunde einlud. Da konnten wir dann zeigen, was wir körperlich so
„drauf“ hatten. Wer Interesse hatte, konnte am Nachmittag dieses Donnerstags eine Ausstellung zum Konstanzer Konzil besuchen.
Unser nächster Tagesausflug führte uns nach Wallhausen (Baden-Württemberg). Wir wanderten zur Burgschänke, wo uns Leckeres vom Grill wunderbar schmeckte. Einige unserer Begleiter betätigten sich als Grillmeister, und auch die Sonne war während des gesamten Essens mit dabei. Anschließend bestand die Möglichkeit zur Wanderung nach Dingelsdorf oder der Fahrt dorthin mit dem Bus. Ein Schiff brachte uns mit Umstieg in Meersburg zurück nach Konstanz und von dort unser Bus ins Blindenzentrum. Weil Petrus die Schleusen öffnete, musste das abendliche Lagerfeuer leider ausfallen.
Eine Gymnastikstunde mit Ilse und eine freiwillige Lormrunde für Anfänger und Fortgeschrittene füllten den Samstagvormittag aus.
Inzwischen war Benediktinerpater Peter Dubler aus Basel zu uns gekommen, so hatten wir ab der zweiten Woche auch geistlichen Beistand. Ilse hatte in der Hauskapelle ein selbst gefertigtes Netz auf den Stufen vor dem Altar ausgelegt und für jeden von uns einen Fisch genäht, den man auch als Schlüsselanhänger verwenden kann. Die Aufforderung Jesu an seine Jünger, die Netze zum Fischfang auszuwerfen, war dann auch der Leitgedanke des sehr schönen Gottesdienstes am Sonntagmorgen. Sunnhild verschönerte die Feier mit ihrem Flötenspiel.
Beim Restaurant „Schiff“ in Altnau bestand nachmittags die Möglichkeit zum Baden. Für die Sportfreunde unter uns sollte dieser Sonntag noch sehr lang werden, denn erst in der Verlängerung des Spiels zwischen Deutschland und Argentinien fiel das erlösende einzige Tor: Deutschland ist Weltmeister!!!
Nicht nur draußen wurde es jetzt schnell warm. Im Tropenhaus „Masuala“ in Zürich erlebten wir nach dieser langen Fußballnacht subtropische Temperaturen und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Einige von uns kletterten auf einen Aussichtsturm. Je höher, desto heißer und höher die Luftfeuchtigkeit. Tropische Pflanzen konnten angefasst werden, Papageien waren zu hören und unsere Begleiter sahen Affen in den Bäumen herumturnen.
„Campus Galli“ heißt eine mittelalterliche Klosteranlage in Meßkirch. Diese wird nach einem damals nicht verwirklichten Bauplan jetzt gebaut. Ob Weber, Zimmerleute oder die fleißigen Frauen am Spinnrad, alle zeigten uns bereitwillig ihre Arbeiten. Aber hier wird nicht nur mittelalterlich gehandwerkert, alle, die auf der Baustelle beschäftigt sind, tragen auch mittelalterliche Kleidung. Im nächsten Jahr soll die Klosteranlage fertig sein. Auf dem Gelände begegnete uns auch ein mittelalterlich gekleideter Bettler und sammelte Spenden, auf die dieses Projekt sehr angewiesen ist. Mittags gab es „Dünli“, ganz dünn ausgerollter Teig, belegt mit Speck und Zwiebeln, für die Vegetarier mit Gemüse, der im Holzofen gebacken wurde.
Nach Gymnastik und Lormrunde war am Mittwochnachmittag Tretbootfahren auf dem Bodensee angesagt. Wer wollte, konnte auch ins Wasser springen, eine Wohltat bei den inzwischen hochsommerlichen Temperaturen! Im IBZ wird im Sommer das Abendessen im Freien serviert. Wir freuten uns, dass dies wenigstens in der zweiten Woche unseres Aufenthaltes möglich war. Die meisten von uns ließen den Sommerabend auf der Terrasse ausklingen, einige wenige aber fanden sich zu einer freiwilligen Gesprächsrunde mit Pater Dubler zum Thema „Trauer“ zusammen.
Unser letztes Ausflugsziel war der Flughafen Kloten in Zürich. Wieder wurden zwei Gruppen in der schon erwähnten Aufteilung gebildet. Mitarbeiter des Flughafens vermittelten uns, was alles geschieht, bevor man überhaupt ein Flugzeug besteigen darf. Wir mussten Sicherheitswesten anziehen, die Taschen leeren und wurden mit dem Körperscanner durchleuchtet. Es war interessant, aber so mancher von uns würde doch viel lieber mal im Cockpit eines Flugzeuges sitzen.
Der Abschiedsabend war gekommen, und diesmal klappte es mit dem Lagerfeuer! Norbert hat ein von ihm selbst geschriebenes Gedicht vorgelesen, das unten abgedruckt wird. In lockerer Runde verflogen die Stunden. Erst weit nach Mitternacht verließen die letzten Gäste das Lagerfeuer.
Im Abschlussgottesdienst dankten wir für alles, was wir erlebt haben, und für die Menschen, denen wir begegnen durften.
Die Durchführung einer solchen Veranstaltung bedarf sorgfältiger Planung und monatelanger Vorbereitung. Unser Dank gilt allen, die zum Gelingen beigetragen haben, besonders aber jenen Menschen, die für uns gehört, gesehen und die uns ihre helfenden Hände gereicht haben. Ohne all diese Menschen wäre die Welt für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen licht- und lautloser. Der Termin für die nächste Sommerfreizeit im IBZ Landschlacht steht schon fest: 04.-18.07.2015. Freuen wir uns darauf!
Annette Simmet